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Ausstellung |
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"wasserzeichen" |
30. Juni - bis 29. Juli 2007 |
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Karin Beck Edgar Braig Dein Klub Michael Fesca Wolfgang Flad Marbot Fritsch Elke Hammelstein / Peter Haury Kirsten Helferich Ulrika Jaeger Marte Kiessling Johannes Kriesche Melanie Lachieze-Rey Petra Lindenmeyer Susanne Maute Andreas Mayer-Brennstuhl Nikolaus Mohr Kerstin Polzin / Anja Schoeller Gudrun Sämann Ina Schneider Doris Sprengel Martina Staudenmayer Hannes Trüjen |
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Ausstellungseröffnung | Freitag, 29. Juni 19 Uhr Eröffnung: Oberbürgermeister Boris Palmer Einführung: Clemens Ottnad In Zusammenarbeit mit der Universitätsstadt Tübingen, Kulturamt |
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Sonderveranstaltungen: |
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Fr. Sa. 13. / 14. Juli 18 - 21 Uhr |
Dein Klub dreht Wotorwoerld II Drehtermine mit Publikumsbeteiligung |
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Eröffnungsrede zur Ausstellung am 29.06.2007 Die Zeit seit der letzten Sommerausstellung der shedhalle Tübingen ist in der Tat im flug vergangen und so jedenfalls der Eindruck beim Betreten des Ausstellungsraumes heute die Folgen der vormaligen Levitation scheinen weiterzuwirken. Wenn zwei Dutzend Künstlerinnen und Künstler (bzw. Künstlergruppen) nur folgerichtig jetzt über’s Wasser zu gehen vermögen, darin auch untertauchen oder beiläufig nur Waschgelegenheiten zu besonderen Zwecken einrichten, hinterlassen sie Wasserzeichen als Spur und Fährten, die mal mehr mal weniger offensichtlich sind, transluzide (also wässrig durchscheinende) Zeichen eben oder spielerisch ironische Springflut von Ideen. Von den einschlägigen Küsten-, Strand-, Meer-, Badeclichées haben sie sich allesamt freigeschwommen, nein, eigentlich fahrtengeschwommen, denn die Einladungskarte zeigt ja bereits die Doppelwelle des nächsthöheren Grades sportiver Wasserbeherrschung, der noch dazu im Spiegelbild der beiden Wogenspitzen augenfällige Ähnlichkeit mit der Dachkonstruktion der shedhalle aufweist. Als weitere Merkzeichen dieser Wässerungen, vom Abwaschen und Säubern erscheinen noch die im Raum vorhandenen Reste der schwimmbadschlachthofblauen Kacheln an Wänden und Pfeilern, als ob diese einen geradezu integralen Bestandteil der Ausstellkonzeption zu bilden beauftragt wären. Die in diesem Aquadrom bezogenen Positionen sind jedoch nicht mehr wie in vorausgegangenen Kunstgeschichten dem fernwehsüchtigen Seefahrtswesen, marinen Stadtansichten à la Canaletto oder etwa ophelischen Wasserleichen-Vorlieben zwischen Präraffaelitentum und Kylie Minogue (vgl. The Black Rose) gewidmet. Ihren Untersuchungsgegenstand Wasser behandeln sie als Lebensraum und Lebensmittel des Menschen im weiteren Sinn, in seinen strukturellen oder Farberscheinungen, mal von dokumentarischem Forschergeist getrieben, mal voller augenzwinkernden Spiellust mit dem fließenden Element vorgetragen. Wasser selbst (H2O) taucht dabei als materiales künstlerisches Ausdrucksmedium allerdings nur ausnahmsweise auf, wohl weil es uns zwischen den Fingern verrinnen, trübe und modrig würde, wo wir doch die positiven Qualitäten so schätzen, Frische, Sauberkeit, sein Sprudeln. Mittels Video, Fotografik, Installationen, plastischen Objekten, Reliefs, Zeichnungen und Papierarbeiten, Collagen und Malerei wird nun vielmehr bildnerisch übertragen, was als elementare Naturgewalt, interkontinentales Landschaftsphänomen, aquares Habitat im Ganzen so nicht fassbar ist und Ideenbilder entwickelt. Kurzerhand wird also (im Film) der Lauf eines Gewässers umgeleitet, um aus seinem eigentlichen Bett auf fremde Wege durch ein Städtchen geschickt zu werden. Eine temporäre Flutung, von einer Künstlergruppe (freilich in Zusammenarbeit mit der örtlichen Feuerwehr) kontrollierbar gehalten, fließt das Wasser kaskadengleich über Treppenstufen, verwirbelt sich Niagara in klein , wird wieder eingedämmt, als ob sich die Anrainer mitten in voralpinen Trevi-Fontänen befänden: eine ursprüngliche Spiellaune erwacht da unversehens wieder, die zurückweist auf Zeit der Kindertage: Staudammbauen mit Ästen, Laub und Erde an Waldbachläufen, übermütiges Planschen in knallbunten Plastikwannen und gegenseitigen Sich-Nass-Spritzen, wenn der Andere bibbernd erst knietief im Wasser watet … Erst später kommen bitterere Erfahrungen mit der Materie hinzu, wenn es statt von Luft und Liebe etwa nunmehr von Brot und Wasser zu leben gilt, ebensolches einem bis zum Hals steht und man sich mit heimtückischerer Absicht als zuvor noch gegenseitig nasszumachen versucht. Wohin dann die Gewässer dieser Ausstellung weiterfließen mögen, wird mehrfach in kartographisch vorgehenden Arbeitsprinzipien befragt, sei es, wenn aus einer Seekarte die blau dargestellten eigentlichen Wasseroberflächen herausgeschnitten sind, und nur ein Liniennetz von Meridianen, Schiffahrtswegen, natürlichen wie technischen Anhaltspunkten im EndlosMeer übrig bleibt. Um direktere Auskunft wird ersucht, wenn Flussverläufe nach ihrer Quelle bemessen werden (wie an der Schussen geschehen), oder eine Flaschenpost von jeweiligen Ausstellungsorten aus (oder mindestens aus deren Nähe) auf die Reise geschickt wird, deren Wege und Irrwege nach entkorkter Rückantwort nachverfolgt werden können; hier wäre dies: Flaschenwerfen in Tübingen, weiterschwimmen durch Neckar, Rhein, Nordsee, anlanden schließlich an Gestaden aller möglicher Ozeane. (Die Vorstellungskraft macht auch Bildozeane quellen.) Indessen widmen sich Untersuchungen von Farblaboren unserer Erinnerung von Helligkeiten und Belichtung, wenn Farbwerte von Meerlandschaften auf Schwarzweissbildern zwar begrifflich genau protokolliert erscheinen und doch jeder von uns bekanntermaßen andere Tonwerte imaginiert: was ist denn nun eigentlich „milchiges grau, spuren von himmelblau, diesiges grau, bläulich“ undsoweiter?, mag man sich fragen. Wässrige Unschärfen werden andernorts erzeugt, wenn milchige Wachsschichten fotografische Formbildungen überlagern, Wellengestalten, Grundsicht und körperorganische Figurationen gegeneinander anschimmern. Und wer etwa gedacht hat, dass in der Tiefsee planktonisches Walfutter ausschließlich mikroskopisch winzig ausfiele, dem begegnen just schwarze Riesencharybden an den Ausstellungswänden am Eingang, die sich durch die Papierbahnen hindurchfressen, wo doch gleichzeitig die heitere Taucherin gegenüber geheime Zeichen (Wasserzeichen) und Worte ihren listig aufsteigenden Luftblasen einzuhauchen weiss. Im Vorstellungspool sind die Denkproportionen plötzlich völlig verschoben. Auch die Untiefen hauswirtschaftlicher Aspekte der Wasserverwendung werden da insbesondere von Künstlerinnen ausgelotet. Die gute alte Miele-Waschmaschine (ablauf-sinnfällig über dem Trog positioniert) ist handgestickt nun selbst aus Stoff, und dient nicht mehr nur dazu, allein Stoffliches zu waschen. Frisch gedruckte, durchlichtete aqua- und marine Holzschnitte hängen dagegen schon auf drei Wäscheständern zum Trocknen bereit und bewegen sich mit jedem Luftzug leicht hin und her. Eine andere pragmatisch auf Reinheit von Form und Idee Bedachte (mitnichten ein Waschweib also) führt unverhohlen (im Video) vor, wie man hätte ebenso leicht selbst darauf kommen müssen Kunst waschen unter laufendem Hahnen zu bewerkstelligen sei. Reinweiss geben sich auch die konvulsivisch weichen Formkörper/Körperformen, die über die Kacheln des himmlischen Schwimm(Schlacht)Bades gesetzt das ganz andere Entzücken eines Lavabo (lovabeau) versprächen. Wer nun aber glaubte, der hiesige Ausschank von Ideen müsste ausgerechnet eine Bar called Heaven sein, sieht sich abermals getäuscht die Theke des Lebens (la vie steht programmatisch über den Tresen geschrieben) fällt nämlich mit Gartenschlauchschlangen gummiumgarnt letztlich knochentrocken aus. Kühle Labsal, das scheint anderswo zu sein. Vielleicht in Deinem Klub ja, auf der anderen Seite des Heilbades: Fremder, kommst Du nach Wotorwoerld, kannst Du und all Deine Verflossenen, wie man vergangene und vergebliche Lieben gern nennt, gleich im 2. Teil des Filmes mitspielen, weil sich alles bekanntlich irgendwie im Fluss befindet und weiterdrehen lässt. Ich für meinen Teil habe jedenfalls die Wasserzeichen der Zeit erkannt, es sind dies häufig geheime Zeichen, die nur gegen das Licht (gegen ein Sinnlicht vielleicht) gehalten, gedreht und gewendet erkennbar werden; und sie bezeugen solchermaßen ganz Echtheit im Ausdruck. Wenn trotz aller Seh(See)Arbeit dabei keine letztgültige Anleitung zum ÜbersWasserGehen zu finden ist, weiss ich doch, dass wir (hier in dieser Ausstellung zumindest und für Augenblicke) alle in einem Boot sitzen, das wir zuweilen auch gemeinsam auszuschöpfen haben. Und drohten wir dennoch unterzugehen, leihe ich mir meinethalben eben die Mehrstockdschunkengondel oder, nein, lieber den Pinguinzeppelin aus, zum Überflug des ewigen Eises, das ja auch nicht mehr das ist oder vielmehr wieder das ist, was es Wasser nämlich einmal war. Clemens Ottnad Kunstverein Reutlingen |
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